Pensionsraub: ÖVP streicht Hacklerregelung

ÖVP und Grüne beschließen in einer Nacht- und Nebelaktion nicht nur die Abschaffung der neuen Hacklerregelung, sondern jetzt auch noch eine Kürzung der jährlichen Pensionsanpassung. „Das ist ein überfallsartiger Pensionsraub!“, stellt unsere Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner klar.

Auch für diesen tiefen Einschnitt in das Pensionssystem gab es keine Begutachtung, keine Vorbereitung und keine Einbindung von InteressensvertreterInnen.

Mehr als 100.000 ArbeitnehmerInnen im Jahr betroffen

Der erst Donnerstagabend übermittelte Abänderungsantrag von ÖVP und Grüne sieht neben der Abschaffung der abschlagsfreien Pension nach 45 Jahren jetzt auch noch vor, dass die jährliche Pensionserhöhung ab 2022 beschnitten wird. Künftig erfolgt im Jahr nach dem Pensionsantritt nur eine aliquote Erhöhung der Pension. Was bedeutet das? Für alle, die ab Februar 2021 ihre Pension antreten, gibt es im Folgejahr nur mehr eine prozentuell niedrigere Anpassung. Die aliquote Rechnung kann sogar null ergeben und damit eine Erhöhung erst im zweitfolgenden Jahr erfolgen. Da die weiteren Erhöhungen dann auf Basis der niedrigeren, weil zuvor nur eingeschränkt erhöhten Pension erfolgen, geht während der gesamten Zeit in der Pension sehr viel Geld verloren. Ein Beispiel: Bei einer Pension von 1.200 beträgt der Verlust, wenn jemand im November in Pension geht, über eine Pensionsdauer von 20 Jahren 14.000 Euro. Bei 1.400 Euro Pension im Monat sind es 17.000 Euro. Betroffen sind von dieser Regelung über 100.000 ArbeitnehmerInnen pro Jahr! „Nach der Abschaffung der Hacklerregelung kommt jetzt die zweite Verschlechterung für alle angehenden PensionistInnen“, stellt Rendi-Wagner fest.

ArbeitnehmerInnen müssen Kosten der Krise zahlen

Zu Beginn der Krise hieß es noch von der Regierung: Koste es, was es wolle! „Jetzt wird klar, wer als erster die Zeche für die Krise zahlen muss: die arbeitenden Menschen, die PensionistInnen unseres Landes“, sagt Rendi-Wagner. Die SPÖ schlägt stattdessen eine Solidarabgabe für milliardenschwere Online-Konzerne vor – die großen Profiteure dieser Krise. „Das wäre gerecht, doch von Gerechtigkeit gibt es bei dieser Regierung keine Spur!“ Vor der Nationalratswahl hat die ÖVP sowohl bei der Hacklerregelung als auch bei der vollen Pensionsanpassung im ersten Pensionsjahr mitgestimmt. „Ein Jahr nach der Wahl ist davon keine Spur mehr zu sehen. Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit schauen anders aus“, sagt unsere Vorsitzende. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der arbeitenden Menschen in unserem Land, die monatlich Pensionsbeiträge leisten und die es sich nicht in Steueroasen richten.“ Der von der Regierung propagierte Zusammenhalt in der Krise ist nur ein Lippenbekenntnis.

Kostelka: „Seniorenrat war nicht eingebunden“

„Sozialpolitik hat man mit Sinn für Verlässlichkeit zu machen!“, sagt Pensionistenverbands-Präsident und Präsident des Österreichischen Seniorenrates Peter Kostelka. Doch von einem Tag auf den anderen geht den PensionstInnen ein Jahresvolumen an Pension verloren. Kostelka kritisiert, dass der Seniorenrat als Sozialpartner überhaupt nicht eingebunden war in die Pläne der Regierung. „Es gab keine Gespräche, keine Unterlagen. So geht man mit einem Partner nicht um!“

Muchitsch: „Kein guter Tag für Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet haben“

„Heute ist kein guter Tag für Österreich und für die Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet haben und in nächster Zeit in Pension gehen können“, sagt SPÖ-Sozialsprecher Josef Muschitsch. Seine Bilanz nach zehn Monaten Türkis-Grün: „Was die Pensionspolitik angeht, geht es nicht mehr ungerechter!“ Bei einigen, die die höchsten Zuschüsse bekommen – den Bauern – wird erhöht, bei Arbeitern und Angestellten, die die höchsten Beitrage zahlen und die wenigsten Zuschüsse bekommen, wird gekürzt.

Frühstarterbonus nur Alibi-Aktion

Der Frühstarterbonus der Regierung ist nicht mehr als eine Alibi-Aktion, so Muchitsch. Pro Arbeitsmonat gibt es nur einen Euro brutto mehr Pension, Ferialjobs sind nicht erfasst. Die Grünen haben sich über den Tisch ziehen lassen – denn der Bonus hätte zumindest höher ausfallen können. „Die abschlagsfreie Pension ist leistbar, wenn wir uns sie leisten wollen“, sagt Muchitsch und betont, dass man den Frühstarterbonus zusätzlich einführen könnte. „Der Abtausch hingegen ist unsozial und ungerecht.“